Die volle richterliche Überzeugung ist erforderlich
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(IP) Hinsichtlich der juristischen Rahmenbedingungen der Schätzung des Leistungsumfangs eines Auftragnehmers bei Werkvertrag hat das Landgericht (LG) Frankenthal entschieden.
„Zunächst ist der Vertrag zwischen den Parteien nach der Überzeugung des Gerichts in Form eines Einheitspreisvertrages zustande gekommen ... Für den diesbezüglichen Beweis ist die volle richterliche Überzeugung erforderlich. Diese kann nicht mit mathematischen Methoden ermittelt und darf deshalb nicht allein auf mathematische Wahrscheinlichkeitsberechnungen gestützt werden ... Es bedarf auch keiner absoluten Gewissheit oder „an Sicherheit grenzender“ Wahrscheinlichkeit. Erforderlich und ausreichend ist vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“.
Die Klägerin betrieb ein Bauunternehmen und stellte im Bereich eines Neubaugebietes die Erschließung her. Der Beklagten war Eigentümer eines neu erschlossenen Grundstücks, bei dem eine Auffüllung erforderlich war. Die Erschließungsstraßen lagen gegenüber dem umliegenden Gelände höher. Dies ergab für die Grundstückseigentümer die Notwendigkeit, ebenfalls Auffüllungen, passend zum Straßenniveau vorzunehmen. Der Beklagte hatte deswegen ein Angebot bei der Klägerin angefordert, obwohl die Höhenlage seines Bauvorhabens noch nicht feststand. Das Angebot wurde auf Basis vorläufig geschätzter Mengen erstellt - auf eine Bruttosumme von ca. 6.000,- €. Hinsichtlich der Position „Füllboden liefern und einbauen“ war zum dem Zeitpunkt noch nicht absehbar, ob diese Position überhaupt zur Ausführung käme.
Der Beklagte erklärte darauf den Auftrag. Er erklärte ausdrücklich, dass er die Klägerin mit der Aufschüttung und Vorbereitung des Grundstückes beauftrage, sowie, nach Rücksprache mit seinem Architekten, darum, ausschließlich Schotterkies aufzufüllen. Die Klägerin begann darauf mit den Arbeiten. Nach Durchführung der Arbeiten durch die Klägerin nahmen Zeugen ohne Einbeziehung der Beklagten das Aufmaß über die tatsächlich ausgeführten Leistungen auf. Im Anschluss realisierte der Beklagte dann auf dem Grundstück sein Neubauvorhaben. Entsprechend des Aufmaßes erstellte die Klägerin in der Folge ihre Rechnung, mit Einheitspreisen, in Höhe von 16.824,72 €. Der Beklagte behauptete dagegen, dass dies überhöht sei und zahlte lediglich ca. 5.000,- €.
Die Klägerin widersprach, dass der Beklagten ihre Leistungen auch durch tatsächliches Handeln abgenommen haben, indem dieser z. B. auf dieser Leistung sein Neubauvorhaben gegründet habe. Das LG gab ihm Recht. Die Abgabe eines Pauschalpreises bei Erdaushub sei unüblich, da die exakten Daten zur Kalkulation vor Angebot überhaupt nicht schriftlich vorlagen.
Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden: